17.04.2024
Kein Gras in Grünanlagen - Offener Brief an den OB Marcus König in Sachen Cannabisgesetz

Offener Brief an den Nürnberger OB

„Kein Gras in Grünanlagen – Jugendschutz statt offene Drogenszene“

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

am 23.02.2024 hat der Bundestag das Cannabisgesetz (CanG) verabschiedet, welches am 01.04.2024 in großen Teilen in Kraft getreten ist. Das Cannabisgesetz regelt den Umgang mit Cannabis und erlaubt insbesondere den privaten Anbau und Besitz von Cannabis innerhalb bestimmter Mengengrenzen. Zudem erlaubt das Gesetz – als einziges Land in der EU (!) – den öffentlichen Konsum von Cannabis. Zwar gelten hier die in § 5 KCanG und § 24 MedCanG genannten Einschränkungen (Konsumverbote), diese sind jedoch völlig unzureichend und leicht zu unterlaufen, so dass ein ausreichender Jugendschutz ohne weitere Maßnahmen „vor Ort“ nicht annähernd gewährleistet ist.

Zentraler Bestandteil der in § 5 KCanG normierten Konsumverbote ist das Verbot des Konsums von Cannabis in unmittelbarer Nähe von Minderjährigen. Gegen dieses Verbot wird unweigerlich dort verstoßen, wo sich Minderjährige regelmäßig aufhalten, wie zum Beispiel in den städtischen Grünanlagen, auf Volksfesten oder auch bei Konzertveranstaltungen wie Rock im Park. Weil das KCanG für letztgenannte Örtlichkeiten keine Konsumverbotszonen normiert, ist es Sache der Kommune, hinreichende Maßnahmen zum Jugendschutz zu ergreifen.

Wie eine Sprecherin der Stadt Nürnberg jüngst gegenüber dem BR verlauten ließ, sieht sich die Stadt Nürnberg rechtlich nicht im Stande, entsprechende Verbotszonen einzurichten.

„Bei der Stadt Nürnberg heißt es, für eine Festlegung eigener Verbotszonen fehle die bundesgesetzliche Ermächtigung. 'Es ist rechtlich nicht grundsätzlich verboten, auf Volksfesten Cannabis im Außenbereich zu konsumieren, im Einzelfall aber wohl tatsächlich oft kaum möglich, weil eine entstehende räumliche Nähe zu Minderjährigen sehr wahrscheinlich ist', erläuterte eine Sprecherin." (vgl. Debatte um Cannabis-Regeln auf Volksfesten: Kiffen am Karussell, v. 09.04.2024, br.de).

Wir FREIE WÄHLER können uns dieser Einschätzung nicht anschließen und bitten Sie höflich um Neubewertung. Wir sind der Auffassung, dass die Möglichkeit besteht, analog dem Alkohol auch Cannabiskonsumverbotszonen zur Verfolgung eines legitimen Zwecks – hier zum Jugendschutz, zum Schutze Dritter vor Geruchsbelästigungen und zur Verhinderung offener Drogenszenen in Grünanlagen – einzurichten. Wie will man dem Bürger erklären, dass § 4 Abs. 3. Nr. 6 der städtischen Grünanlagensatzung v. 18.04.2016 zwar das Verweilen zum Genuss von Alkohol verbietet, gleiches für den offenen Drogenkonsum jedoch nicht gelten soll. Gerade weil der Konsum von Cannabis durch die markante Geruchsentwicklung eine sehr starke Außenwirkung hat, ist hier eine Wahrnehmbarkeit durch Dritte, insbesondere auch durch Minderjährige, im besonderen Maße gegeben.

Zwar hat der Bundesgesetzgeber in der Begründung zu § 5 Abs. 2 KCanG festgehalten, dass die im Gesetz genannten Konsumverbotszonen abschließend geregelt sind, dies bedeutet u.E. jedoch nicht, dass der Kommune damit die Hände gebunden sind.

Aus den vorgenannten Erwägungen regen wir an, das Verbot des öffentlichen Konsums von Cannabis in die Grünanlagensatzung mit aufzunehmen. Ergänzend dazu schlagen wir vor, nicht nur Cannabis, sondern insgesamt das Verbot des Konsums „berauschender Mittel“ in die Grünanlagensatzung mit aufzunehmen, um so auch dem öffentlichen Konsum hochgefährlicher Neuer psychoaktiver Stoffe (wie z.B. Kräutermischungen) sowie dem unter Jugendlichen besonders beliebten Konsum von Lachgas (Distickstoffmonoxid) entschiedener als bislang entgegenzutreten und mithin ein Zeichen für „Drogenfreie Parks“ in Nürnberg zu setzen. Zudem regen wir an, für Veranstaltungen, an denen auch Minderjährige in großer Anzahl teilnehmen, wie zum Beispiel dem Klassik Open Air am Luitpoldhain oder Rock im Park, entsprechende Allgemeinverfügungen zu erlassen, die den öffentlichen Konsum von Cannabis verbieten, wie dies bereits andere Städte und Gemeinden tun. Auf die Veranstalter allein darf sich die Stadt hier nicht verlassen. So sehen beispielsweise die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Veranstalter von Rock im Park seit Jahren u.a. das Verbot der Mitnahme von Getränken und Flüssigkeiten aller Art vor. Das Verbot des Mitführens von Rauschmitteln sucht man in den Geschäftsbedingungen hingegen bislang vergebens, obwohl der Besuch des Festivals bereits achtjährigen Kindern gestattet ist.

Wir sind der Auffassung, dass die Frage des Jugendschutzes nicht (allein) Entscheidung des Veranstalters sein kann. Hier sind die Kommunen gefordert, eine stringente Haltung zu vertreten, auch um das politische Versprechen des Gesetzgebers für einen verbesserten Jugendschutz in Bezug auf Cannabis umzusetzen.

Wir erlauben uns in diesem Zusammenhang auf eine gefährliche Schwachstelle der Regelungen zum Jugendschutz im Cannabisgesetz hinzuweisen. Für all diejenigen, die Medizinal-Cannabis i.S.d. MedCanG konsumieren, gilt gem. § 24 MedCanG das Verbot des Konsums von Cannabis in unmittelbarer Gegenwart Minderjähriger nicht. Eine Bescheinigung zur Untermauerung des Konsums von Medizinal-Cannabis muss weder besessen, noch vorgezeigt werden. Es bedarf hier keiner Phantasie, dass künftig jeder, der beim Kiffen in Gegenwart Minderjähriger ertappt wird, erklärt, dass es sich bei seinem Cannabis um Medizinal-Cannabis handelt. Eine Unterscheidung von Cannabis und Medizinal-Cannabis ist nicht möglich. Damit läuft das Gesetz und der darin bezweckte Jugendschutz vollkommen ins Leere.

Eine taugliche Lösung kann insoweit nur sein, an von Minderjährigen hochfrequentierten Orten den Konsum von Cannabis insgesamt einzuschränken – denn es macht aus Präventionsgesichtspunkten keinen Unterschied, ob ein Cannabiskonsument aus Vergnügen oder aus medizinischer Veranlassung in Gegenwart Minderjähriger kifft.