02.04.2023
FREIE WÄHLER Nürnberg blicken hinter die Kulissen von Parakaleo e.V. – Anlaufstelle für Menschen in der Prostitution

Auf Einladung von Parakaleo e.V. haben sich die FW Nürnberg mit dem weitestgehend unbekannten Verein getroffen, um einen Einblick in deren ehrenamtliche Arbeit zu nehmen. Im Besprechungsraum, der eher einem Wohnzimmer gleicht, hat Philipp Kuhs, Geschäftsführer von Parakaleo e.V., mit zwei Sozialarbeiterinnen die FW-Delegation empfangen und man kam direkt ins Gespräch. Über ein Thema, das sonst wenig Gehör findet, nämlich die Prostitution in Nürnberg.

Philipp Kuhs, Regina Geiger und Amrei That erzählen in anonymisierter Form von den Klientinnen, die ihren Verein in Anspruch nehmen. Berichtet wird von großen Triumphen, als Frauen, die aussteigen wollten, eine Wohnung und somit eine Chance auf Neuanfang vermittelt werden konnte, aber auch von kleineren Schritten, die im Rahmen der sogenannten „aufsuchenden Arbeit“1 mit einem belanglosen Gespräch in gebrochenem Deutsch entstehen. Viele der Frauen kommen nach Nürnberg, um mit dem verdienten Geld ihre Familien im Ausland zu unterstützen. Und in der Heimat wissen die Familien oft nicht, wie das Geld verdient wird.
Philipp Kuhs fasst jedoch zusammen: „Die meisten unserer Klient*innen sind weiblich. Viele kommen aus osteuropäischen Ländern, oft aus ärmeren Verhältnissen, haben Sprachbarrieren, erfahren viel Stigmatisierung und tun sich anfangs schwer, Vertrauen zu fassen. Doch gerade deshalb haben wir schon früh verschiedene Grundsätze für uns festgelegt, mit denen wir bereits einige Erfolge erzielen konnten. Wir bewerten nicht. Wir respektieren. Wir nehmen die Klient*innen so an, wie sie sind. Und wir wollen langfristig mit ihnen arbeiten.“

Ein Verbot der Prostitution ist aus Sicht der Freien Wähler illusorisch. „Wenn man bedenkt, dass die Frauentormauer eine der ältesten Rotlichtmeilen in Deutschland ist, dann gehört das eben auch zu unserem Stadtbild“, stellt Thomas Estrada, Vorsitzender der FREIEN WÄHLER Nürnberg fest und fügt hinzu: „Prostitution wird gerne als ‚ältestes Gewerbe der Welt‘ bezeichnet. Man kann sie nicht verbieten, sondern lediglich ins Dunkelfeld verdrängen, wodurch die Anbietenden kriminalisiert und deren Probleme noch verstärkt würden. Natürlich kann man auch über Prostitution nicht reden, aber dann ist sie trotzdem da."

Elke Eder, Bezirksrätin und Stadträtin von Zirndorf, äußert sich ebenfalls sichtlich beeindruckt: „Im Endeffekt machen die eine Mischung aus Kriminalprävention, Aufklärung, Ausstiegsprogramm und gleichzeitig Integrationsarbeit. Dieses Engagement gehört meiner Meinung nach unterstützt und mehr ins Bewusstsein der Menschen getragen.“ 

Damit spricht sie jedoch einen wunden Punkt an, denn wie bei vielen anderen Vereinen ist die Finanzdecke dünn und Herr Kuhs ist als Geschäftsführer regelmäßig damit beschäftigt, Fördermittel zu organisieren. Was im Jahr 2015 zunächst als Projekt begann, wird inzwischen als offizieller Verein von drei Sozialarbeiterinnen, einer Verwaltungskraft und ca. 20 ehrenamtlichen Mitarbeitern geleistet. Aktuell erhält Parakaleo Fördergelder u.a. von Aktion Mensch, von der EU sowie verschiedenen Stiftungen. Der letzte Förderantrag, den sie an die Stadt Nürnberg richteten, wurde zwar abgelehnt, aber das Team von Parakaleo lässt sich dadurch nicht entmutigen.

Die FREIEN WÄHLER Nürnberg erachten die Arbeit von Vereinen wie Parakaleo e.V. als notwendige Kehrseite der Prostitution und fordern eine gesicherte Finanzierung. „Die Steuereinnahmen aus dem Rotlichtgewerbe sollten eins zu eins in Präventionsmaßnahmen und Hilfsangebote reinvestiert werden. Das sind wir den Menschen, die in diesem Gewerbe häufig unter zweifelhaften Bedingungen arbeiten, als Gesellschaft schuldig“, fordert Dr. Robert Mahler, stellv. Vorsitzender der FW Nürnberg und Leiter des FW-Landesarbeitskreises Innere Sicherheit.

1 [Anm.: Bei der sog. "aufsuchenden Arbeit“ sucht Parakaleo die in der Prostitution tätigen Frauen in den Prostitutionsstätten auf. Dies hilft dabei, das Beratungsangebot bekannt zu machen und schafft einen niederschwelligen Zugang zu Klientinnen, die Anlaufstellen nur zögerlich aufsuchen.]